Dienstag, 27. August 2019

NEUSEELAND 09.02.2019


ZWISCHENWELTEN


ich höre mein Herz,
beständig und beruhigend
höre meinen Atem,
ganz ruhig
ich fühle meine Schritte,
barfuß auf dem Geröll
fühle meine Haut,
trocken vom Salz und der Sonne
meine Haare,
zerzaust vom Wind

ich spüre jede Faser meines Körpers
jeden noch so kleinen Fleck
ich weiß, wo mein Körper anfängt
wo er aufhört
ich spüre mich.

mehr als je zuvor
und bin so verloren wie nie

habe ich mich verlaufen in der Weite der Welt
oder laufe ich genau richtig?
mitten hinein ins Unbekannte
in die ungewisse Zukunft
vielleicht denke und fühle ich auch irgendwann,
dass ich richtig bin

doch ich bin noch immer auf der Suche nach einem Wegweiser
nach einem Markierung für den richtigen Wanderweg

ich suche mich
und ich suche mich
und suche mich

ich fühle mich leicht
als würde ich schweben
als würde ich abheben
als würde ich verwehen

und gleichzeitig fühle ich mich schwer
als würde ich festkleben
als würde ich ganz nach unten gezogen werden

als würde ich zerreißen

verloren zwischen den Welten
so frei und glücklich wie nie
so verunsichert und alleine wie nie

Samstag, 24. August 2019

Ironie des Schicksals

Ich sitze in einem Flugzeug, so einige Kilometer über dem Erdboden. 
Hier oben scheint alles immer ruhig. 
Alle sind auf dem Weg nach Hause, oder in den Urlaub, andere vielleicht auf Reisen wegen ihrer Arbeit.
Die einen haben mit dem Einsteigen ins Flugzeug Familie und Freunde hinter sich gelassen, die anderen fliegen Ihnen gerade entgegen.

Vielleicht hat die Frau neben mir vor dem Einsteigen noch eine Nachricht an ihre Liebsten geschickt, so wie ich, ein Herz, ein “ich fliege jetzt los, freue mich auf euch”, oder ein “war schön mit dir, ich schreibe dir wenn ich gelandet bin”. 
Vielleicht hat der Mann vor mir einen stressigen Arbeitstag hinter sich, oder sogar eine ganze stressige Woche, wenn nicht sogar Monat, dann dazu noch die nervenaufreibende Anfahrt zum Flughafen, Verspätung, Sicherheitskontrolle, dann das Trinken im Handgepäck vergessen, die Mitbringsel aus dem Ausland für die Kinder beim Zoll abgeben müssen, aber hier, oben über den Wolken, hier kann er durchatmen. 
Der Junge ein paar Reihen weiter, hat er Flugangst?
Das Baby das jetzt noch ruhig ist, beim Landen aber bestimmt vor Ohrenschmerzen anfangen wird zu schreien.

Oder das junge Paar schräg hinter mir. Bestimmt hatten sie einen schönen Urlaub zusammen. Oder fängt der gerade erst an?


Und sicherlich sind auch so einige unter den Fluggästen, die mit Ärger und dem bitteren Geschmack eines noch nicht ausgeklungenen Streits in den Flieger gestiegen sind. 
Immer noch aufgewühlt und gleichzeitig bedauernd und besorgt.
Aber hier oben, über den Wolken, so weit weg vom Alltag und der Realität unter uns, hier oben bleibt uns nichts anderes übrig, als nichts zu tun. Ganz ohne Empfang, ohne Verbindung zur Welt, die wir von unserem Platz aus kleiner sehen als wir es sonst je tun. Und uns gleichzeitig viel größer erscheint. 
So unwirklich. 
So faszinierend.
Die Sonne, die Wolken, das Meer, das Land, und die Menschen.
Wir denken, `was für eine schöne Welt`. So kostbar.
Und dann denke ich,
ich lache fast
aber nicht befreit, nein, eigentlich eher verbittert,

Was für eine Ironie. 
Ich sitze in einem Flugzeug, so einige Kilometer über dem Erdboden. 
Bin verantwortlich für einen CO2-Ausstoß von, je nach Flugdauer gerechneten, tausend/en Kilogramm CO2 pro Kopf, die als Treibhausgase in die Atmosphäre gelangen und unsere Erde in Flammen aufgehen lassen.

Ich sehe unsere Erde von oben.
Ich sehe ihre Schönheit.
Und habe meine Gedanken nur beim Hässlichen.
Ich sehe meinem zu Hause beim Sterben zu und habe meine Hand selbst mit an dem Dolch, der ihr den Todesstoß setzt.
Ich sehe die Sonne untergehen.
Wunderschön
so schön saftig orange
Rot und Gold
Weiß und Blau

Und ich bete, dass sie morgen wieder aufgeht. 
Ich fliege und ich fliege. 
Ich fliege sogar über einen Waldbrand. 
es ist heiß
es ist trocken
es ist Sommer. 

Und die Erhitzung der Erde ist für uns Menschen so alltäglich geworden, dass Waldbrände -so riesig, so langwierig, so flächendeckend und häufig- 
zu unserem Sommer dazu gehören. 
Waldbrände
Brennender Wald 
Wald und Bäume 
Gras und Sträucher 
Schattenspender und Lunge unseres zu Hauses
Lebensraum für Tier und Pflanzenwelt
Und Kohlenstoffspeicher

Die Pflanzen nehmen das CO2 aus der Luft auf, 
sind quasi Produkt gebundenen Kohlenstoffs und geben uns –mal so vereinfacht- unseren Sauerstoff zum Atmen und so auch zum Leben. 
Durch einen Waldbrand werden die Kohlenstoffbindungen der Pflanzen aufgelöst und der Kohlenstoff gelangt als CO2 in unsere Atmosphäre. Als Treibhausgas.

Die Natur braucht uns Menschen überhaupt nicht.
Aber wir brauchen sie.
Ohne sie würden wir nie gelebt haben, können wir nicht weiterleben und haben auch in Zukunft keine Chance auf Leben.

Doch unser Lebensstil, unser Verlangen nach mehr, der Drang zu übertrumpfen, immer das bessere zu haben, wegzuschmeißen, wenn etwas kaputt ist, weil es ja so viel gibt, das das Alte ersetzen kann, anstatt es zu reparieren, unser Wille, gemütlich in unseren alten Mustern weiter agieren zu können, auf einfachstem Wege alles haben zu können. Dieser Luxus ruiniert uns. Unser zu Hause. Und damit nicht nur uns, sondern auch unsere Kinder und wenn es denn so weit kommen kann, dann auch unsere Kindeskinder.  
Als Produkt unseres suizidalen Lebensstils brennen Wälder, schmelzen Gletscher, sterben ganze Ökosysteme, verlieren wir immer mehr Lebensraum, wo wir doch bei einem so hohen Anstieg der Bevölkerung gerade ein intaktes zu Hause so dringend brauchen.

Wir kämpfen mit Dürren, Ernteausfällen, Hunger, Wasserknappheit, Krankheiten, Naturkatastrophen und weltweitem Artensterben, man sollte meinen, wir kämpfen um unser Leben. Sollte meinen, wir würden alles tun, um unser zu Hause, unser Leben und das unserer Liebsten und unserer Mitmenschen zu retten.  
Aber dabei feuern wir den Teufelskreis aus Luxus und Verderben immer weiter an.

Und ich sitze in einem Flugzeug, so einige Kilometer über dem Erdboden.
Und sehe der Sonne beim Untergehen zu.